Kennen Sie das Problem: Sie sind tagsüber erschöpft und müde, obwohl Sie eigentlich lange genug schlafen, sich gesund ernähren und körperlich betätigen?

Dr. Tamara & Mirko van den Bruck sind zertifizierte Schlafmediziner und wir haben mit beiden über zahnärztliche Schlafmedizin gesprochen.

Sie sind nicht nur Zahnärzte & Kieferorthopäden, sondern auch Mitglied der Deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Schlafmedizin und zusätzlich zertifiziert in diesem Fachbereich. Was hat Sie dazu bewogen?

Mirko van den Bruck: Erholsamer Schlaf ist essenziell für ein gesundes langes Leben und auch von der richtigen Atmung abhängig. Meine Frau und ich hatten beide das Glück, unsere Facharztausbildung bei einem der international bedeutendsten Professoren für die Entwicklung von „Anti-Schnarch-Schienen“ zu absolvieren. Er hat uns die Zusammenhänge zwischen einer falschen Kieferlage, Zahn-Fehlstellungen und der Einengung der Atemwege gelehrt. Wenn unsere Patienten im Beratungsgespräch über Schnarchen oder chronische Müdigkeit klagen, werden wir hellhörig: Denn diese Symptome sind meist Hinweise auf eine gesundheitsgefährdende Atmungsstörung wie beispielsweise die Schlafapnoe. Das ist die Bezeichnung für Atemstillstände während des Schlafes.

Schlafmedizin und Mundgesundheit gehören ganz einfach zusammen. Ansprechpartner sind also Zahnmediziner, die behandlungsbedürftige Schlafatmungsstörungen von harmlosen Befunden unterscheiden und interdisziplinär therapieren können.

Welche Risiken gibt es denn für Menschen mit schwerer Schlafapnoe?

Dr. Tamara van den Bruck: Atemaussetzer im Schlaf können zu Depressionen, Bluthochdruck, Herzerkrankungen und sogar zu Schlaganfällen und Herzinfarkten
führen. Aber auch harmlosere Störungen wie beispielsweise das Schlafen mit offenem Mund sind nicht gerade gesundheitsfördernd: Wer dauerhaft durch den Mund atmet, ist anfälliger für Infekte, bekommt zudem Mundtrockenheit und neigt eher zum Schnarchen, was wiederum das Risiko von Schlafapnoe erhöht.

Wie kann der Kieferorthopäde helfen?

Dr. Tamara van den Bruck: Manche Ursache für eine Atemstörung zeigt sich bereits beim Blick in die Mundhöhle. Bei Kindern sind vergrößerte Rachenmandeln zu beachten, aber auch ein ungünstig zurückliegender Unterkiefer, der den Luftkanal im Rachenbereich einengt. Ursache kann zudem ein schmaler Kiefer sein, der zu wenig Platz für die Zunge lässt. Hier können kieferorthopädische Behandlungen bei Kindern und Jugendlichen dem chronischen Schnarchen und einer Schlafapnoe vorbeugen. Bei Erwachsenen, die ruhestörendes Schnarchen und Apnoen haben, können individuell angefertigte Zahnschienen das Mittel der Wahl sein: Hierbei wird durch zwei verbundene Schienen der Unterkiefer nachts nach vorne bewegt und somit der Atemweg
erweitert. Zunge und Gaumensegel bleiben vorne, es folgt eine bessere Sauerstoffversorgung. Der Schlaf wird ruhiger, tiefer und effektiver. (Siehe Skizze)


Verschlossener Atemweg


Öffnung des Atemwegs durch eine „Anti-SchnarchSchiene“

Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit anderen Fachärzten?

Mirko van den Bruck: Schlafmedizin ist ein interdisziplinäres Fach. Bei der wichtigen Frage, ob für einen Patienten eine Schiene sinnvoll ist oder ganz andere Therapien notwendig sind, kooperieren wir mit Schlaflaboren, Internisten, Chirurgen und HNO-Ärzten, um gemeinsam die für jeden einzelnen Patienten bestmögliche Therapie auszuarbeiten.

Schlafen Sie schon oder schnarchen Sie noch?
Ausgabe Februar 2021